Bist du auf der Suche nach Tipps für den Umgang mit deiner Trauer an Weihnachten? Das kann ich gut verstehen, denn die Weihnachtszeit ist ein Fest der Freude und des Zusammenseins. Das ist für dich als Trauernde sicherlich genauso herausfordernd, wie es für mich damals war.
Die festliche Stimmung und besinnliche Atmosphäre war in den ersten Jahren nach dem Tod meines Sohnes unerträglich für mich. Er fehlte in dieser besonderen Zeit noch mehr als sonst.
Aus diesem Grund möchte ich dir neun Tipps vorstellen, die mir selbst halfen, mit meiner Trauer während der Weihnachtsfeiertage umzugehen. Doch keine Sorge: Du musst nicht alles auf einmal ausprobieren. Suche dir 2-3 Tipps aus, von denen du denkst, dass du sie am ehesten umsetzen kannst.
1. Stelle dich deiner Trauer an Weihnachten
Die besinnliche Gemütslage an den Feiertagen, die Freude an den Geschenken und Traditionen sowie das Zusammensein mit Familie und Freunden lenken oft von der Trauer ab. Trotzdem kommt sie immer wieder durch. Heulkrämpfe in einer ruhigen Minute und Gedanken-Chaos während des Festessens inklusive. Ich kenne das.
Doch bitte verdränge die Trauer nicht, vor allem nicht an Weihnachten. Es ist schließlich die beste Zeit im Jahr, die Trauer zuzulassen. Kuschel dich mit einem engen/r Angehörigen/r unter eine weiche Decke, trinkt gemeinsam eine heiße Schokolade und fühle dich sicher und geborgen, wenn du deine Trauer jemandem anvertraust.
2. Rede über deine Trauerängste vor dem bevorstehenden Weihnachtsfest
Ob mit Freunden, der Familie oder einem Therapeuten, sprich über deine Sorgen und Ängste, die die bevorstehende Weihnachtszeit so belastend machen. Du musst das nicht allein bewältigen.
Ich habe damals mit meinen Trauermädels über das nahende Weihnachtsfest gesprochen. Wie geht es uns, wenn wir an die Kinder und vor allem Babys in der eigenen Familie denken, die ebenfalls beim Festessen dabei sein werden? Trauen wir uns am heiligen Abend in die Kirche zu gehen und das Krippenspiel anzusehen? Halten wir die fröhliche Stimmung an den Festtagen aus?
Der Austausch zeigt, dass du nicht allein bist. Das hilft schon ungemein.
3. Plane genug Zeit für Trauergespräche an den Festtagen ein
Die Weihnachtsfeiertage laufen in den meisten Familien jedes Jahr ähnlich ab. Um dennoch eine gute Gelegenheit abzupassen, um über deine Gefühle über den Verlust zu sprechen, empfehle ich dir, im Voraus zu planen.
Gib deiner Familie Bescheid, wann du mit ihnen reden möchtest, damit nichts anderes geplant wird und dir so deine persönliche Zeit sicherst.
4. Überlege dir vorher, was du unbedingt sagen willst
Nicht jeder kann ausführlich über seine Trauer reden. Und Familienmitglieder können oder wollen oftmals nicht die Trauer anderer Menschen, auch nicht die ihrer Liebsten, ertragen. Mach dir daher im Vorfeld ein paar Notizen über die Dinge, die du unbedingt ansprechen willst. Und wenn es soweit ist, startest du genau mit diesen Stichpunkten.
Wenn sich daraus intensivere Gespräche entwickeln, ist das für beide Seiten sehr hilfreich. Wenn es jedoch schwierig oder holprig wird, hast du zumindest nicht die Gelegenheit verpasst, das Wichtigste loszuwerden.
Überlege dir gern vorher, wie du mit beiden Szenerien in den Trauergesprächen umgehst.
5. Fokussiere dich auf positive, gemeinsame Details
Das ist nach einem Verlust nicht einfach, ich weiß. Und schon gar nicht, wenn du um dein eigenes Kind trauerst. Beginne daher mit der Freude, die du mit dem Verstorbenen empfunden hast.
Kannst du dich an den Moment erinnern, als du den positiven Schwangerschaftstest in den Händen gehalten hast? Wie hast du dich gefühlt, als du dein Kind zum ersten Mal im Ultraschall hast turnen sehen? Und wie glücklich sahen deine Familienmitglieder aus, als sie dein Kind endlich im Arm halten durften?
Auch deine Familie, Freunde und Bekannte freuten sich auf dein Kind und trauern nun. Wer sich gemeinsam freuen konnte, kann auch zusammen trauern.
6. Nimm in der Weihnachtszeit Hilfe an
Gerade in der Weihnachtszeit fällt die Trauer schwer. Es tut oftmals mehr weh als im Rest des Jahres. Da sollte man nicht allein sein.
Wenn also ein:e Freund:in anruft, um dir Frohe Weihnachten zu wünschen, und fragt, wie es dir geht, sei ehrlich. Je nachdem, wie eng eure Beziehung ist, erzählst du mehr oder weniger.
Es könnte mit einem „Das tut mir leid für dich“ abgetan werden. Sei also darauf vorbereitet. Es könnte sich jedoch auch ein wundervolles, heilsames Gespräch entwickeln.
Letztlich hat jede:r Verständnis dafür, dass Trauer wehtut und bietet mit einem bewussten Gesprächsbeginn – egal ob Anruf oder ein Klopfen an deiner Haustür – Hilfe an.
7. Kontaktiere die Telefonseelsorge, wenn dich die Trauer an Weihnachten überfordert
Wenn du niemanden zum Reden hast, dir niemand Hilfe anbietet oder du dir deinen Kummer nur anonym von der Seele reden kannst, kontaktiere die Telefonseelsorge.
Hier haben sie auch an den Weihnachtsfeiertagen ein offenes Ohr für dich. Du musst nicht von deinem Verlust erzählen, wenn du das nicht möchtest. Du musst nicht einmal deine Identität preisgeben. Aber bitte nutze das Angebot, wenn du nicht mehr weiterweißt. Du musst das nicht allein schaffen!
8. Nimm dir Zeit für die Trauer anderer
Sei dir bewusst, dass du nicht die/der Einzige bist, die/der trauert. Vielleicht möchten Freunde und Angehörigen ebenfalls über ihren Verlust reden. Möglicherweise sogar über ihre Trauer um dein Kind reden.
Höre ihnen zu, wenn du genug Kraft hast. Du wirst dadurch ihre Perspektive kennenlernen und ihren Kummer verstehen. Der Austausch wird somit beiden Seiten guttun und euch eventuell näher zusammenbringen.
9. Führe ein neues Weihnachtsritual ein
Weihnachten ist die Zeit der Rituale. Das ist wohl auch der Grund, warum die Feiertage fast jedes Jahr ähnlich ablaufen. Wie wäre es also mit einem neuen Weihnachtsritual, um den Verstorbenen in die Weihnachtstraditionen zu integrieren?
Überlege dir ein neues Ritual, das dich mit ihm/ihr verbindet, oder wähle hier ein Weihnachtsritual auf der Liste. Dieses neue Ritual gibt dir und womöglich deiner Familie Halt und Struktur bei der Trauerarbeit an Weihnachten und spendet unheimlich viel Trost.
Haben dir meine Tipps zum Umgang mit Trauer an Weihnachten geholfen? Selbstverständlich sind diese Tipps auch zu anderen Zeitpunkten im Jahr anwendbar. Doch an den Weihnachtsfeiertagen schmerzt es erfahrungsgemäß am meisten.
Welche zwei Ratschläge könntest du dir vorstellen, dieses Jahr umzusetzen. Schreibe es gern unten in die Kommentare hinein.
