Zu früh gegangen. So wie die kleine Jona Josefine.
Es gibt Schwangerschaften, die enden nicht glücklich, nicht wie im Bilderbuch. Manchmal enden sie einfach zu früh.
Sophia hat genau das erlebt und teilt ihre Erfahrungen mit dir. Sie erzählt, was genau passiert ist, wie sie Abschied von ihrer Sternenprinzessin nahm und wie es ihr heute geht. Das ist ihre Geschichte.
Kinder kriegen: Gar nicht mal so einfach
Da sitze ich hier. Eingekuschelt auf der Couch, mit meinem Kuschelhasen im Arm, schwelge ich in Erinnerungen, was vor einem Jahr alles war. Ich bin Sophia, 26 Jahre alt und musste im März 2022 meine Prinzessin viel zu früh zu den Sternen gehen lassen.
Aber fangen wir von vorne an. Der Kinderwunsch hat schon früh eine Rolle in meinem Leben gespielt. Ich hab mich immer mit Kindern gesehen. Wie viele hab‘ ich nicht festgelegt, aber es war klar „Ich möchte Kinder“.
Doch so einfach, wie man sich das wünscht, ist es selten, denn durch meine Fehlbildung der Gebärmutter wurde mir nur eine 50/50 Chance gegeben. Nach ein paar Gesprächen mit meinem Partner habe ich die Pille abgesetzt und wir probierten einfach.
Und dann klappte es doch
Entgegen aller Erwartungen konnten wir im November 2021 den positiven Schwangerschaftstest in den Händen halten. Alles war schön, der Traum ein Kind zu bekommen, war zum Greifen nah.
Leider wurde die Freude schnell getrübt, denn ich hatte regelmäßig mit Blutungen zutun. Ich sah erstmal kein riesen Problem darin, denn sonst ging es mir blendend. Durch Tabletten haben wir die Blutungen auch unter Kontrolle bekommen, so dass ich mich im neuen Jahr richtig drauf einlassen konnte und auch schon die ersten Sachen für den Zwerg gekauft habe.
Jeden Arzt- und dann auch Hebammentermin hab ich genossen. Entweder konnte ich den Zwerg sehen oder hören. Sie entwickelte sich vorbildlich, nur wollte sie nicht zeigen, was sie wird. Namen hatten wir zu der Zeit auch schon für beides, ob Junge oder Mädchen.
Ab der 16. Woche kamen fiese Ischiasschmerzen hinzu. Meine Hebamme tapte mich ab da an alle 2 Wochen, womit die Schmerzen deutlich besser wurden.
Wenn man Pläne schmiedet
An einem Wochenende war meine Familie zu Besuch. Meine Schwester und ich haben uns die Babysachen angeguckt, die ich gekauft habe, und mein Papa zeigte mir seine Ausbeute vom Dachboden. Wir schmiedeten gemeinsam Pläne, was noch alles zeitnah bei uns einziehen muss.
Am Sonntag merkte ich dann schon immer mal wieder, wie mein Bauch hart wurde. Es tat nicht weh, aber ich spürte, dass etwas anders war als sonst. Montag habe ich einen Couchtag gemacht, aber so richtig besser wurde es nicht.
Dienstag war wieder ein Termin bei meiner Hebamme zum Tapen. Ich erzählte ihr von meinen Problemen und sie schrieb direkt ein CTG (= Abkürzung für Kardiotokografie; auch Herzton-Wehen-Schreibung genannt). Irgendwie habe ich es erwartet, aber war dennoch perplex, als sie meinte, es sind Wehen zu sehen. Sie empfahl mir, zu meiner Frauenärztin zu fahren.
Es stand ein Krankenhausbesuch an
Ich habe nicht lange überlegt, meinem Partner Bescheid gegeben und bin ab zum Arzt. Dank Corona war diese leider nicht in der Praxis, sodass ich direkt ins Krankenhaus fahren musste.
Nach den ersten Untersuchungen war klar, der Gebärmutterhals war verkürzt und trichterförmig geöffnet. Ich musste auf Station bleiben und habe Magnesium bekommen.
Am Mittwoch war der nächste Ultraschall. Die Wehen wurden weniger aber der Gebärmutterhals hatte sich noch weiter verkürzt. Also weiterhin liegen, Magnesium nehmen und den nächsten Tag abwarten. Da sollte der Chefarzt schauen, ob eine OP Besserung bringen könnte.
Die Zeit schlich vor sich hin, bis ich endlich zum Kreißsaal zum Ultraschall gerufen wurde. Erst wurde vom Bauch ein Ultraschall gemacht. Ich erfuhr, dass es wir ein kleines Mädchen erwarten, das vorbildlich entwickelt war. Zum Vaginalultraschall kam es gar nicht. Der Muttermund war vollständig geöffnet und die Fruchtblase ist schon durchgekommen.
Ab da lief alles wie ein Film.
Mein Partner kam ins Krankenhaus. Der Chefarzt erklärte uns beiden, was jetzt auf uns zukam. Er sagte Worte wie Infektion, Behinderung, keine Überlebenschance. Ich musste weinen und wusste nicht mehr weiter. Nach ein paar Gesprächen mit einer Hebamme und dem Chefarzt war klar, die kleine Maus wird zeitnah den sicheren Bauch verlassen und das wohl nicht überleben.
Nach einer langen Nacht im Kreißsaal, vielen Tränen und der permanenten Frage „Warum wir?“ ging es früh halb 7 los. Ich wachte mit Schmerzen auf und rief direkt eine Hebamme. Sie war so toll, ließ uns nicht alleine und war immer da.
Sie machte aus dem schlimmen Moment eine schöne Geburt.
Ich musste nicht viel sagen, und sie wusste, was ich möchte. Ob es mehr Schmerzmittel, was zu trinken, ein liebes Wort oder einfach nur Ruhe war.
Meine kleine Maus, sie war da und doch zu früh gegangen
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam die kleine Maus am 4.3. um 8:44 Uhr still zur Welt. Ich hab sie angesehen und musste lächeln. Ich hab ihre Nabelschnur durchgeschnitten. Sie wurde liebevoll in ein Tuch gewickelt und ich konnte sie auf den Arm nehmen und den Gefühlen freien Laufen lassen.
Sie bekam ihren wundervollen Namen Jona Josefine von uns. Ich wollte auch direkt Bilder machen, von ihr, von uns und einfach von dem Moment.
Ich hab sie gestreichelt, mit ihr geredet und war einfach der glücklichste Mensch auf der Welt.
Es war im ersten Moment egal, dass sie nicht schrie, nicht atmete sondern ganz still und seelenruhig in meinem Arm lag. Sie war mein Kind und ist einfach zu früh gegangen.
Darf ich vorstellen: Jona Josefine
Wir haben die kleine Maus dann gewogen und gemessen. Zarte 330 Gramm und 24cm war dieses Wunder klein. Leider musste ich dann zur Ausschabung, weil die Plazenta nicht selbstständig hinterherkam.
Nach der Ausschabung wurde ich auf mein Zimmer gebracht. Mein Freund kam und hat unser kleines Mädchen mitgebracht. Wir haben noch eine Zeit auf dem Zimmer zusammen verbracht.
Noch ein paar Bilder von ihr gemacht und die Zeit probiert zu genießen.Sie hat ihren Kuschelhasen bekommen und noch ein paar Erinnerungsstücke vom Krankenhaus. Irgendwann hatte ich aber das Gefühl, ich möchte hier einfach nicht mehr sein. Ich wollte nach Hause, auch wenn das bedeutete, dass wir endgültig Abschied nehmen mussten.
Wir nahmen Abschied
Wir haben eine Schwester geholt, die unsere Prinzessin mitnehmen sollte. Am liebsten hätte ich sie selber zum Kreißsaal gebracht, aber das ging nicht.
Es war schlimm zu wissen, dass ein Fremder sie ein letztes Mal sehen und berühren durfte und nicht ich der Letzte war.
Irgendwann kam dann der Arztbrief und alles Wichtige wurde abgeklärt. Dann ging es nach Hause. Der schlimmste Weg, den ich bisher gehen musste. Ich hatte das Gefühl, sie alleine zu lassen, sie zurückzulassen und völlig egoistisch nur an mich gedacht zu haben.
Die Zeit, nachdem meine Prinzessin zu früh gegangen war
So vergingen dann die nächsten Tage, Wochen, Monate. Ich habe viel geweint, oft nachdem warum gefragt und doch wieder keine Antwort bekommen. Ich hab mir Hilfe bei einer Doula gesucht, um aus meinem Loch wieder rauszukommen.
Es war eine Achterbahn der Gefühl. Ich habe mir viele Erinnerung geschaffen. Ich trage ihren Hasen bei mir und habe mir eine Kette gemacht. Jona Josefine hat einen Stern bekommen und viele schöne andere Dinge.
So geht es mir heute
Es war besser und mal schlechter. Jetzt ein dreiviertel Jahr später ist es immer noch so. Die guten Tage sind viel häufiger, aber trotzdem gibt es noch schlechte Momente, in denen alles raus muss, und das ist ok.
Mir hat mal einer gesagt: „Deine Trauer ist der Ausdruck von Liebe zu deinem Kind. Sie wird nicht kleiner, aber sie verändert sich genauso, wie die Liebe sich verändert.“ Der Satz hat mir oft geholfen, wenn ich mich gefragt habe, ob das jetzt ok ist, dass ich glücklich bin.
Inzwischen trage ich unser Regenbogenbaby unterm Herzen. Das ist nochmal eine andere Herausforderung für die Trauer. Aber auch da sind alle Gefühle völlig ok und normal. 😊
Danke liebe Steffi für die Möglichkeit, unsere Geschichte zu erzählen. Es tut gut, nochmal alles Revue passieren zu lassen. Auch wenn ich nicht ohne Taschentuch in der Hand schreiben konnte.
Persönliche Worte von mir (Stefanie)
Liebe Sophia, es tut mir unendlich leid, dass Jona Josefine zu früh gegangen ist. Umso mehr danke ich dir, dass du deine Geschichte erzählt hast. Schließlich weiß ich, wie schwer es ist, sich die Bilder wieder vor Augen zu führen. Aber, wie du schon sagtest, es tut ebenso gut. Das Schreiben heilte auch meine Seele und ich freue mich, dass du diesen Schritt gewagt hast.
Für deine derzeitige Regenbogenschwangerschaft wünsche ich dir nur das Beste. Ich hoffe, du kannst sie genießen und wirst schon bald dein zweites Kind im Arm halten.
Wenn auch du der lieben Sophia ein paar liebe Worte hinterlassen möchtest, schreibe sie gern unten in die Kommentare. 👇
Liebe Sophia, liebe Stefanie,
Ich danke dir liebe Stefanie das du all den Menschen die Möglichkeit gibst darüber zu reden bzw zu schreiben. Es ist schön zu wissen das es einen Ort für Gleichgesinnte gibt ,das man nicht alleine ist.
Meine liebste Sophia, ich bin so unglaublich stolz auf dich. Deine Trauer so in Worte zu fassen ist einfach bemerkenswert. Ich bin so dankbar das die kleine Jona Josephine dich als Mama hat und immer unvergessen bleibt. Es ist schön zu wissen , das dir das Schreiben hilft ,es ist schön zu wissen das du jetzt deine Zeit genießen kannst und wir uns alle auf euer zweites Wunder freuen dürfen. Ich bin einfach froh dich zu kennen und bin wirklich stolz auf dich❤️
Liebe Inge,
vielen lieben Dank für deine wundervollen Worte. Da blieben selbst meine Augen nicht trocken. ❤️ Ich freue mich sehr, Sterneneltern zu helfen, aber noch mehr freut es mich zu sehen, wenn sie sich öffentlich öffnen, wenn sie laut werden, wenn sie nicht mehr schweigen. So wie ich das viel zu lange getan habe.
Sophia ist eine wundervolle Sternenkind-Mama und wird eine ebenso wundervolle Mama sein. Genau wie du, empfinde ich es als schön, dass ihr das Schreiben geholfen hat und dass sie bald ihr zweites Wunder in den Arm nehmen kann.
Über deine Nachricht informiere ich sie direkt. ❤️
Viele Grüße
Stefanie